„Böse Messenger, gute Messenger?“ Unter diesem Motto fand unser #tooltalk#2 am 15.04.2021 mit ca. 35 Teilnehmenden auf der Plattform Clubhouse statt. Mit dabei war der CEO von Swisscows, Andreas Wiebe, und von GOTTDIGITAL Joachim Stängle, Michel Zettl, Guido Falkenberg, Carsten Stein und Christoph Dümmen. Christoph moderierte die Bühne und führte durch den Talk.
Andreas Wiebe ist seit 25 Jahren in der IT tätig. Sein Unternehmen war ursprünglich in Bonn angesiedelt. Vor 13 Jahren hat er es dann in die Schweiz verlagert, und ihm später den Namen „Swisscows“ gegeben. Sein christlich geprägtes Wertegerüst fließt dabei in die Entwicklung der IT Produkte mit ein. Er bietet z. B. KI-basierte Filter für Firmenkunden an, die aus der internen Kommunikation Nachrichten mit Gewalt oder Pornografie herausfiltert.
Swisscows beschäftigt sich mit Technologien wie Search, Künstlicher Intelligenz, Payment-Services und hat vor Kurzem den Messenger TeleGuard auf den Markt gebracht.
Messenger spielen eine große Rolle in der Kommunikation. Sie werden genutzt, um Sportgruppen, Schulklassen oder Hauskreise zu organisieren. Privat oder beruflich werden mit ihnen Videos und Fotos übertragen, oder mit ihnen wird telefoniert und Video-Telefoniert. Viele dieser übertragenen Inhalte enthalten sehr persönliche Dinge. Oft ist den Usern nicht bewusst, dass viele dieser Informationen auf den Servern der Anbieter gespeichert werden. Durch die aktuelle Berichterstattung über die von WhatsApp geplanten Änderungen an deren Datenschutzrichtlinien setzen sich jetzt immer mehr Anwender mit dem Thema auseinander, und sind auf der Suche nach Messengern, die mehr Sicherheit bieten. Einer diese Messenger möchte TeleGuard sein.
Basierend auf den „Geboten des Messenging“ haben wir mit Andreas über verschiedene Aspekte seines Messengers gesprochen:
„Du sollst keine Server außerhalb von Europa haben“
Die Server von TeleGuard stehen in der Schweiz. Anders als bei vielen anderen Messengern unterliegen sie daher einem deutlich höheren Datenschutz.
„Du sollst nicht mitlesen die Nachrichten deiner Kunden“
Nach Andreas Aussage werden, im Gegensatz zu vielen anderen Messengern, keinerlei Daten auf den Servern von TeleGuard gespeichert. Die Nachrichten unterliegen der End-to-End-Verschlüsselung (E2EE), und können von dem Betreiber nicht mitgelesen werden. Hier haben wir einen klaren Unterschied zu Messengern wie WhatsApp, die sich ja in ihren Nutzungsbedingungen das Recht einräumen, alle Userdaten (Fotos, Videos, Inhalte und wer kommuniziert mit wem) zu speichern und auch kommerziell zu verwerten.
„Du sollst keine Gewalt & Pornografie verbreiten“
Klassische Messenger transportieren alle Informationen, die die User ihnen anvertrauen. Dabei spielt es für den Messenger keine Rolle, ob Katzenfotos, Pornografie oder Aufrufe zur Gewalt verschickt werden. In den letzten Monaten ist dabei z.B. Telegramm als Medium für Querdenker und Verschwörungstheoretiker in den Fokus gerückt.
Andreas Wiebe hat den Anspruch, dass sein Messenger keine pornografischen oder gewalttätigen Inhalte verbreitet. Wie sich diese ethischen „Filter“ mit dem Grundsatz vereinbaren lassen, keine Daten der User mitzulesen, ist noch offen. Das technische Problem an dieser Stelle ist, dass die Nachrichten Ende-zu-Ende-verschlüsselt sind und somit nicht ermittelt werden kann, welche Inhalte in den Nachrichten verbreitet werden. Wir sind gespannt, welche Ansätze TeleGuard da in der Zukunft zeigen wird. Zur Diskussion steht z.B. die automatisierte Erkennung von problematischen Inhalten mit Hilfe von sogenannter Künstlicher Intelligenz und Musterkennung.
„Du sollst keine anderen Messenger neben mir haben“
Wer kennt es nicht: da einige Freunde, Gemeindemitglieder etc. noch bei einem Messenger bleiben wollen, haben viele von uns eine Sammlung dieser Tools auf dem Smartphone. Das Ziel sollte es sein, diese Zahl zu reduzieren. Ein sicherer Messenger wie TeleGuard könnte da einen Ansatz bieten. Ziel der Entwickler ist es, bis Ende 2021 alle Funktionen zu implementieren, die auch Telegram bietet.
Neben seinem eigenen Messenger empfiehlt Andreas Wiebe auch den – ebenfalls in der Schweiz beheimateten – Messenger Threema. Dieser Messenger ist schon gute acht Jahre am Markt und kostet, je nach Betriebssystem, eine einmalige Gebühr um die 3€.
Welche Zielgruppen hat TeleGuard?
Laut Andreas Wiebe richtet sich sein Messenger auch an Kirchen, Gemeinden und christliche Organisationen. Eine zweite Zielgruppe sind Firmen, die höhere Sicherheitsanforderungen an einen Messenger haben.
In vielen kirchlichen Bereichen wird heute noch WhatsApp eingesetzt. Hier werden neben Texten auch Videos oder Fotos übertragen. Die WhatsApp Telefonie wird oft zu internen Gesprächen bis hin zur Seelsorge eingesetzt. Die User sind sich meist nicht bewusst, dass diese Telefonate gespeichert werden können. Das soll bei TeleGuard anders sein.
Wie finde ich meine Freunde in TeleGuard?
Im Gegensatz zu den meisten anderen Messenger scannt TeleGuard nicht das Adressbuch auf dem Smartphone. Das gibt zum einen eine hohe Sicherheit, macht es aber auch schwierig, seine Freunde und Bekannten dort zu „finden“. TeleGuard generiert eine User-ID. Diese muss ich dann auf einem anderen Kanal an Freunde und Bekannte weitergeben. Mit dieser ID können sie mich dann in TeleGuard lokalisieren. Damit eignet sich der Messenger besonders für geschlossene Gruppen und Communities, die bereits einen anderen Kommunikationskanal besitzen, um die initialen Kontaktinformationen auszutauschen.
Wie verdient der Dienst Geld?
Da der Messenger kostenlos nutzbar ist, stellt sich natürlich die Frage nach der Finanzierung. Wenn andere Messenger die Daten ihrer User als Kapital und Handelsgut nutzen, geht das ja bei TeleGuard nicht, da der Dienst keine Daten speichert oder mitliest.
Die Entwicklung des Messengers wird z. Zt. aus den Mitteln von Swisscows bestritten. Mittelfristig ist geplant kostenpflichtige Dienste anzubieten, um die Finanzierung des Dienstes zu untersützen. Einer dieser Dienst könnte „digest“ sein. Schickt man an diesem Dienst per Messenger einen umfangreichen Text, soll dieser dann per KI sinnvoll zusammengefasst werden. Ähnliches bieten ja schon diverse Dienst für Bücher an, von denen dann ein wenige Seiten langer Abstrakt gekauft werden kann.
Was ist die Zukunftsvision von Swisscows?
Neben der Weiterentwicklung des Messengers will Swisscows ein eigenes, geschlossenes „Ökosystem“ entwickeln. Hierzu sollen eigene Smartphones mit eigenem Betriebssystem und eigenen Apps gehören. Dieses „Ökosystem“ soll als Wettbewerber zu Apples iOS oder Android antreten. Einen ähnlichen Ansatz hatte Blackberry. Die Firma konnte aber dem Druck von Apple und Google nicht standhalten, und bietet heute keine Smartphones mehr an. Wir können also gespannt sein, ob es Swisscows gelingt, seinen Plan nachhaltig umzusetzen.
Die starke User-Wanderung weg von WhatsApp, hin zu anderen Messengern, zeigt, dass der Wunsch nach sicheren Tools größer wird. Der Markt ist in Bewegung, und es bleibt spannend, wohin er sich bewegt. Vielleicht kommen ja auch andere Lösungen, die einen Messenger ganz ersetzen, so wie heute die klassische SMS kaum noch eine Rolle spielt. Wir werden den Markt weiter beobachten, und ggf. neue, interessante Tools vorstellen.