Seit mehreren Jahrzehnten organisiert die Internationale Vereinigung Christlicher Geschäftsleute und Führungskräfte (IVCG) im deutschsprachigen Raum Vortragsveranstaltungen mit einer Vielzahl von Referenten/-innen und lädt „Menschen in Verantwortung“ dazu ein, über „Gott und die Welt“ nachzudenken. In der IVCG-Ortsgruppe Bayreuth standen wir in der Corona-Zeit – wie viele andere Veranstalter – vor der Frage, wie die bereits geplanten Veranstaltungen stattfinden sollen, wenn die Möglichkeiten, sich persönlich zu begegnen, eingeschränkt sind.

Am 28. Juni 2020 haben wir mit dem Referenten Uwe Heimowski zum Thema „Mut- statt Wutbüger. Wo steuern wir hin?“ ein hybrides Vortragsformat getestet und ich möchte Euch in diesem Blog-Eintrag einige Erfahrungen aus der konzeptionellen und der technischen Umsetzung darstellen.

Vielleicht findet Ihr hier auch Anregungen und Ideen, die Euch bei der Umsetzung Eurer hybriden Formate helfen können. Im zweiten Teil dieses Blogs findet Ihr in Kürze hier auch einige Überlegungen zum weiteren Ausbau des Formates.

Konzeptionelle Überlegungen

Unser gewohntes IVCG-Präsenzformat findet üblicherweise in einem Restaurant zusammen mit unseren persönlich eingeladen Gästen statt. Nach einer Begrüßung hält der oder die Referent/-in einen Vortrag/Impuls. Beim folgenden Mittag- oder Abendessen kommen wir ins Gespräch und es gibt anschließend noch eine Möglichkeit, Fragen zu stellen, die vom Referenten/-in persönlich beantwortet werden.

Bei der Abbildung dieser Veranstaltung in einem Online-Format haben wir uns für folgende Rahmenbedingungen entschieden:

  • Der Referent Uwe Heimwoski ist bei uns zusammen mit der Moderatorin vor Ort in einem privaten Wohnzimmer auf der Couch. Dieses Wohnzimmer wurde sozusagen zum „Studio“. Das Studio wurde mit drei Kameras ausgestattet, welche den Online-Zuschauern ein möglichst gutes „Raumgefühl“ vermitteln sollte. Die Fragestellung „Wo ist der andere“ und „Wer ist der Andere“ (kann ich ihm vertrauen?) ist ein wichtiger Aspekt, damit Online-Zuschauer bei einer Online-Veranstaltung „ankommen“ und sich wohlfühlen.
  • Das Wohnzimmer als Übertragungsort gibt der Veranstaltung eine persönliche Note und gleichzeitig befinden sich auch die Moderatorin und der Referent in einem natürlichen Setting.
  • Da sonst keine weiteren Zuschauer mit vor Ort sind, fühlt sich der online zugeschaltete Gast als „Hauptperson“ und Bezugspunkt dieser Veranstaltung.
  • Durch die Entscheidung für das Studio konnten weitere wichtige Rahmenbedingungen sichergestellt werden:
    • Außeneinflüsse sind weitgehend unter Kontrolle (Lärm, Hall, Licht, etc.).
    • Ausreichend Internet-Bandbreite und Strom sind verlässlich vorhanden.
  • Die Gäste sind über eine persönliche Einladung per Link über ein Zoom-Meeting mit Kamera an der Veranstaltung von ihrem Zuhause aus dazugeschaltet. Dies ermöglichte es auch Teilnehmern/-innen, die nicht aus der unmittelbaren Nähe von Bayreuth kommen, an der Veranstaltung teilzunehmen. Es stand für uns nicht im Mittelpunkt möglichst viele Menschen mit der Veranstaltung zu erreichen, sondern den „wenigen“ wirklich Interessierten, die dabei sind, eine Begegnung mit dem Referenten und untereinander zu ermöglichen.
  • Gleichzeitig haben wir uns bewusst dagegen entschieden, die Veranstaltung öffentlich zu streamen, da wir den persönlichen Charakter dieser Veranstaltung wahren wollten, die u.a. auch mit einer interaktiven Kleingruppenarbeit unterstützt werden sollte. Alle, die Ihre Kamera während des Meetings freischalten, sollten sich darauf verlassen können, dass keine anonymen Dritten sie sehen können.

Unterschiede im Ablauf: Präsenz vs. Online

Schematisch sind die Unterschiede zwischen klassischen Präsenz-Vortragsformat und dem von uns getesteten hybriden Format in dieser Grafik dargestellt. Es wird deutlich, dass die Online-Formate mehr Interaktion und Abwechslung bieten (müssen):

Im Vorfeld

Der Prozess der Einladung und des Onboardings ist einer der ganz heiklen Punkte bei einem (hybriden) Online-Format, denn die schönste Veranstaltung hilft nichts, wenn sich die TeilnehmerInnen nicht erfolgreich einwählen können.

Eine wichtige Überlegung ist hier, ob es gewünscht ist, dass „Jedermann“ zu dem Event dazustoßen darf oder ob hier bewusst eine Einschränkung auf einen Personenkreis gewünscht/nötig ist. Außerdem muss geklärt werden, ob die TeilnehmerInnen sich gegenseitig sehen dürfen/sollen (Kamera und Klarnamen), oder ob nur die Referenten/-innen für alle sichtbar sind. Dies macht für den Charakter der Veranstaltung einen großen Unterschied!

Wenn „Jedermann“ zu dem Termin dazustoßen darf ist es grundsätzlich leichter zu organisieren: Hierzu kann man z. B. auch die Anmelde-Prozesse der Online-Konferenz-Systeme selbst nutzen und den Link dazu per E-Mail und öffentlich (z. B. auf Facebook) kommunizieren. Wenn sich die Person anmeldet, wird sie in das Konferenz-System eingetragen und erhält automatisch die Zugangsdaten in bestimmten Intervallen. Nachteil an diesem System ist allerdings auch, dass man bereits zum Start der Einladung sich auf ein Konferenz-System und bestimmte Meeting-Einstellungen festgelegt hat. Möchte man z. B. anstatt Zoom-Meeting doch eher auf ein Zoom-Webinar umsteigen (oder von GotoMeeting auf GotoWebinar), wird dies schwierig. Ein weiterer wichtiger Nachteil ist, dass man bestimmte Zielgruppen verliert, die nicht in öffentlich übertragenen Formaten sichtbar sein wollen.

Tipp zum Anmeldeprozess: Ich selbst kombiniere den Anmeldeprozess gerne so, dass ich einen Online-Fragebogen aufsetze (z.B. mit Microsoft Forms oder SurveyMonkey) um dann im Anmeldeprozess gleich noch ein paar Fragen mehr abzufragen (Motivation, Vorkenntnisse, etc.). Dies hilft sehr, um sich besser auf die Gäste einstellen zu können. Jeder gute Vortrag und jedes gute Event beginnen mit der Frage: Wen habe ich vor mir? Was sind die Bedürfnisse? Welche Erwartungen haben die Gäste? Ein Fragebogen im Vorfeld kann hier enorm helfen!

In unserem Fall war es so, dass wir über unseren eigenen regionalen Newsletter Gäste über das Ereignis informiert haben, da wir das Ganze in einem kleinen, vertrauten Kreis durchführen wollten, der sich vielleicht auch in Person bald einmal in Bayreuth trifft. Außerdem haben wir die Veranstaltung über die Facebook-Seite der IVCG Franken beworben, welche zu einem allgemeinen Anmelde-Formular für solche Veranstaltungen geführt hat, ohne die Zugangsdaten sofort herauszusenden.

Problematisch ist ein kleines, aber feines Detail: Von vielen Gästen, die sonst früher per Post oder persönlich eingeladen werden wollten, hatten wir gar keine E-Mail-Adressen. Dies erschwert den Einlade-Prozess noch einmal fundamental und man muss sich hier frühzeitig Gedanken machen, wie man diese Personen erreicht und die Anmeldung einfach ermöglicht.

Dann noch ein paar praktische Tipps zur Einladung:

  • Gebt den Gästen die Möglichkeit, ihr Equipment im Vorfeld zu testen und gebt die entsprechende Webseite in der Bestätigungsmail mit an (z.B. zoom.us/test oder ähnliche Seiten).
  • Informiert Sie über Telefonnummern für die Audio-Übertragung mit der Meeting-ID, sofern das Konferenz-System so etwas anbietet. Im Fall der Fälle können die TeilnehmerInnen dann (nur) über Telefon anstatt über das Endgerät teilnehmen.
  • Weist darauf hin, ob es erwünscht ist, dass alle ihre Kamera einschalten oder nicht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Meetings mit Kamera viel „persönlicher“ sind.
  • Gebt eine Kontaktadresse/-telefon an, unter welcher technischer Support angefordert werden kann.
  • Sendet die Zugangsdaten in jedem Fall öfters und auch noch einmal unmittelbar zuvor. Leider ist es so, dass viele ihre E-Mails „verschlampen“ und dann am Tag des Online-Events nichts mehr finden. Im besten Fall habt ihr auch noch einen zweiten Kanal (außer E-Mail), über den ihr kurzfristig mit den Gästen kommunizieren könnt (z. B. die Facebook-Veranstaltung oder eine Whatsapp-Gruppe).

Der Ablauf

Anders als bei Präsenzformaten, müssen Online-Formate viel abwechslungsreicher aufgebaut sein, um das Interesse an der Teilnahme konstant „anzufeuern“ und zu unterstützen. Wir haben deshalb die knapp zweistündige Veranstaltung in folgende Abschnitte aufgeteilt, welche jeder einen bestimmten Zweck und Aktivierung ermöglichen soll:

1. Meet & Greet, Onboarding

  • Dauer: 15 Minuten (in unserem Fall war angekündigt, dass die ersten 10 Minuten der Veranstaltung dafür verwendet werden, man kann dies aber auch als „Pre-Event“ organisieren, d.h. 15 Minuten vor dem offiziellen Start).
  • Wer: Mitarbeiter der IVCG Bayreuth und Gäste
  • Die Gäste können sich in die Veranstaltung einwählen
  • Ein Mitarbeiter (Gastgeber) begrüßt die Gäste, gibt Hilfestellung bei technischen Fragestellungen
  • Es ist eine Folie bereits für die Zuschauer angezeigt, welche sie begrüßt und die Telefonnummer zur Audio-Übertragung mit Konferenz-ID anzeigt, falls die Ton-Übertragung mit dem Endgerät nicht funktioniert.
  • Es wird eine Rufnummer zu einem Mitarbeiter der IVCG angezeigt, wenn intensivere, persönliche technische Hilfe gebraucht wird

2. Begrüßung

  • Dauer: 5 Minuten
  • Wer: Moderatorin
  • Die Gäste und der Referent werden offiziell begrüßt.
  • Die IVCG und das Thema der Veranstaltung wird vorgestellt. Alle „kommen“ dadurch an und können sich langsam auf die Veranstaltung innerlich vorbereiten.
  • Technische Hinweis (Housekeeping) werden kurz erläutert, z. B. dass der Chat genutzt werden kann und die TeilnehmerInnen stumm geschaltet werden, solange die Studio-Teilnehmer reden.
  • Der Ablauf der Veranstaltung wird erläutert
  • Der Referent wird den Gästen vorgestellt

3. Autobiografisches Interview mit dem Referenten

  • Dauer: 10 Minuten
  • Wer: Referent und Moderatorin
  • In einem lockeren Gespräch geht es um die Frage:
    • Wer ist der Referent?
    • Welche Biografie bringt er mit?
    • Welche Kompetenz und Erfahrung weist ihn als vertrauenswürdigen und geeigneten Referenten für das Thema aus?

4. Thematischer Impuls-Vortrag des Referenten

  • Dauer: 10 Minuten
  • Wer: Referent
  • Während der Referent bisher nur mit der Moderatorin gesprochen hat, wendet er sich jetzt persönlich an die ZuschauerInnen und blickt frontal in eine eigene Referenten-Kamera (Bei Interviews sollte der Interviewte nicht in die Frontalkamera sehen, sondern sich der Moderatorin zuwenden).
  • Der Referent gibt einen Impuls-Vortrag zum Thema und endet schließlich mit einer Reihe von Fragestellungen, welche für die Kleingruppen im Anschluss wichtig sind.

5. Kleingruppen-Arbeit (Breakouts)

  • Dauer: 25-30 Minuten
  • Wer: Gäste und IVCG-Mitarbeiter
  • Die Moderatorin erklärt den Gästen wie die virtuellen Kleingruppen ablaufen und bittet die TeilnehmerInnen Ihre Kameras und Mikros dazu anzuschalten.
  • Es werden „Leitfragen“ zur Diskussion mitgegeben, die diskutiert werden können, aber nicht müssen.
  • MitarbeiterInnen sind den Kleingruppen zugewiesen und helfen mit, dass sich die Kleingruppen schnell „finden“ und man stellt sich auch gegenseitig kurz vor. Die Betonung liegt hier auf „kurz“, d. h. es werden keine Lebensläufe, Karrierepfade und Co-Referate zugelassen.
  • Es empfiehlt sich die Kleingruppen mit nicht mehr als 5-7 Personen zu bilden, da ansonsten der Prozess der „Findung“ zu lange braucht und ggfs. nicht jeder genug Gelegenheit hat, sich einzubringen.
  • Die Kleingruppen sind der persönlichste Teil der Veranstaltung mit der höchsten Aktivierung und je nachdem, wie sehr sich die Gruppen vertrauen, besteht die Möglichkeit für eine intensive Online-Begegnung, auch wenn man sich vielleicht noch nicht kennt.
  • Über den Kleingruppen-übergreifenden Chat werden die Gruppen informiert, wenn sich das Ende der Kleingruppen-Phase nähert.

 6. Fragen & Antworten

  • Dauer: 5-7 Minuten
  • Wer: Moderatorin und Referent, Gäste per Chat
  • Die Gäste kommen aus den Kleingruppen zurück ins Studio und werden von der Moderatorin wieder „in Empfang genommen“ und begrüßt.
  • Fragen, die über den Chat übermittelt wurden, werden vom Referenten persönlich beantwortet. Die Moderatorin liest diese vor und klärt diese im Interview-Stil mit dem Referenten „im Namen“ der Online-TeilnehmerInnen.

7. Abschluss-Interview mit dem Referenten

  • Dauer: 10-15 Minuten
  • Wer: Moderatorin und Referent
  • Während das erste Interview eher thematisch und allgemein war, geht es hier noch zum Schluss um die „persönliche“ Seite des Referenten:
    • Welche Rolle spielt der christliche Glaube im Leben des Referenten?
    • Was macht ihm zu schaffen? Was baut ihn auf? Was gibt ihm Hoffnung?
    • Was hat er erlebt?
  • Das folgende Video zeigt einen Ausschnitt aus diesem Teil der Veranstaltung. Im Interview-Modus wird nur zwischen der Raumkamera und der Referenten-Kamera überblendet:

8. Verabschiedung

  • Dauer: 10 Minuten
  • Wer: Moderatorin
    • Es wird für die Teilnahme gedankt und kurz rekapituliert, um was es ging.
    • Es wird auf zukünftige Veranstaltungen hingewiesen und eingeladen.
    • Es wird auf den digitalen Feedback-Fragebogen hingewiesen, der im Nachgang der Veranstaltung versendet wird.
    • Es wir auf persönliche Kontakt-Möglichkeiten hingewiesen, wie z.B. per E-Mail oder per Telefon, und auf die sozialen Kanäle auf Facebook, etc.
  • Der folgende Ausschnitt aus der Überreichung des Abschiedsgeschenkes an den Referenten zeigt den Einsatz und Übergang von drei Kameras beispielhaft:

Technische Umsetzung

In der schematischen Grafik findet Ihr eine Darstellung, wie das „Studio“-Setup umgesetzt wurde:

Die „Schaltzentrale“:  Der Videomischer

Zentrales Element in der gewählten Aufstellung ist ein Blackmagic Atem mini, eine Art Videomischer, welcher die Durchführung so eines interaktiven Formates sehr vereinfacht. An das Gerät lassen sich bis zu vier HDMI-Anschlüsse (für die Kameras) anschließen und zwei Ton-Quellen. Die Besonderheit daran ist, dass über den USB-Ausgang das komplette Ton-Bild-Signal praktisch ohne Latenz wie eine Web-Kamera an den Laptop angeschlossen wird. Damit lässt es sich problemlos z. B. an Zoom als Konferenz-Software anschließen und streamen. Mit den vier Tasten auf dem Gerät können die verschiedenen Kamera-Einstellung live überblendet werden und sogar Bild-in-Bild-Darstellungen sind ohne große Technik-Kenntnisse umsetzbar.

Der Ton

In diesem Setup habe ich an ein kleines Behringer-Mischgerät zwei Funk-Mikros und ein ganz normales Kabel-Mikrofon angeschlossen. Dies ermöglicht die bessere Mischung des Signales von der Lautstärke her und man kann mit dem Equalizer die Höhen und Tiefen anpassen. Das Gesamt-Signal aus dem Mischer (Main-Out) ist in den Ton-Input 1 des Atem mini gemündet.

Der Referent und der Moderator hatten jeweils ein Funk-Mikrofon (Lavalier für Moderatorin, Headset für den Referenten) und ein kabelgebundenes Mikrofon für den Notfall (welches dann tatsächlich auch zum Einsatz kommen musste…).

Die Kameras

Für die drei Perspektiven im Studio wurden drei Go-Pro-Hero-Kameras verwendet (zweimal Go Pro 8 und einmal Go Pro 6). Der Vorteil der Go-Pro-Kameras ist, dass diese recht gut „standardisierte“ Möglichkeiten zur Positionierung mit Stativen, Dreibeinen etc. besitzen und eine solide Bildqualität bereitstellen. Mit den entsprechenden Kabeln können diese mit Stromversorgung und HDMI-Kabel als „Studiokamera“ eingesetzt werden. Mit einem Handy und der Go-Pro-App können die Kameras aus der Ferne von den Einstellungen her konfiguriert werden (z. B. Hell-Dunkel-Abgleich).

Das Licht

Nicht zu unterschätzen ist das Thema „Licht“. Auch wenn man „live“ der Ansicht ist, dass der Raum gut ausgeleuchtet ist, kann das übertragene Bild sehr schnell düster und „deprimierend“ wirken. Siehe dazu auch unsere Aufnahme zum Thema „Videoandachten leicht gemacht“ mit dem Beitrag über Beleuchtung von Carsten Meier. In diesem Setup haben wir zwei günstige Strahler verwendet, die einen Schirm für diffuses Licht montiert hatten. Auch wenn es an unserem Aufnahmetag zum Glück etwas bewölkt war, könnte auch zu helles Licht ein Problem darstellen (insbesondere direkte Sonne). Ihr solltet auf jeden Fall auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, je nachdem ob ihr tagsüber oder abends so eine Übertragung plant.

LAN/Bandbreite

Ich habe einen eigenen Router/Switch für die Übertragung bereitgestellt, da die kabelgebundene Übertragung bereits wieder eine Fehlerquelle durch WLAN-Störungen ausschließt. Die Bandbreite des Zugangs wurde vorher geprüft, insbesondere der Upstream, d.h. das Signal, welches von meinem Rechner in das Internet „hoch“ geht. Für diese Übertragung stand für den Upstream ca. 4 Mbit/s zur Verfügung und ca. 50 Mbit/s im Download. Auch wenn dies nicht besonders viel ist, ist es für diese Zwecke ausreichend und in Verbindung mit Zoom weitgehend ruckelfrei.

Backend-Laptop und -Monitor

In meinem Falle habe ich ein leistungsfähiges Microsoft Surface Pro als Backend-Laptop verwendet, welcher am kabelgebundenen LAN angeschlossen war. Wichtig ist der Einsatz eines zweiten Monitors, damit man alle Bedienelemente innerhalb eines Online-Meetings dieser Art auf einen Blick sehen kann:

  • Teilnehmer-Liste
  • Chat-Verlauf
  • Präsentation
  • Agenda/Minutenplan
  • Bild-Übertragung

Die Konferenz-Software

Als Konferenz-Software haben wir in diesem Setting Zoom in der normalen Meeting-Edition verwendet, da wir die Kleingruppen-Funktion benötigten (Breakouts). Der Backend-Laptop hat sich dabei als „IVCG-Studio“ in die Konferenz eingewählt und das Signal des Blackmagic Atem mini Videomischers mit Ton übertragen. Die Gäste waren über verschiedene Endgeräte in die Konferenz eingewählt und waren nur für die Kleingruppen-Arbeit mit dem Ton freigeschaltet.

Studio-Laptop

Die Moderatorin und der Referent haben einen eigenen Laptop auf dem Tisch stehen gehabt, welcher als eigener Teilnehmer in die Konferenz eingewählt war. Dadurch war es zum einen möglich, dass die beiden auch die Gäste mit ihren Kameras sehen konnten und es auch für sie nicht eine anonyme Veranstaltung wird, zum anderen konnten sie dadurch auch selbst die Folien sehen und ablesen, welche den Gästen parallel zum Ablauf übertragen wurden.

Über den Moderatoren-Laptop gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit „Regie-Anweisungen“ an die Moderatorin zu übermitteln.

Der 2nd-Screen (Smartphone-Kopfhörer)

Damit ich als Backend-Verantwortlicher das gleiche Signal kontrollieren kann, welches die Gäste sehen, habe ich mich parallel mit einem Smartphone als extra Gast in die Zoom-Konferenz eingewählt. Das Smartphone war mit einem kabellosen Bluetooth-Kopfhörer verbunden, so dass ich mich frei im Raum bewegen kann. Auf diese Weise konnte ich sofort feststellen, dass es ziemlich am Anfang ein Problem mit einem der Funkmikros gab und entsprechende Änderungen an der Ton-Einstellung vornehmen. Über den Bildschirm des Smartphones kann man immer kontrollieren, ob die Darstellung für die Zuhörer auch so ist, wie es gedacht ist. Z. B. kann es schnell passieren, dass man beim Impuls des Referenten vergisst, diesen in den „Spotlight“-Modus umzustellen. Über den 2nd-Screen bemerkt man dies schnell und kann dafür sorgen, dass der Referent in die Großbild-Einstellung umgestellt wird.

Nach der Veranstaltung

Ähnlich wie bei der Einladung, ist auch der „Offboarding“-Prozess zu durchdenken. In einem Präsenzmeeting ist es klar, dass man am Schluss noch „Small-Talken“ kann, in einem (hybriden) Online-Meeting nicht. Dazu ein paar Gedanken:

  • Vergesst nicht, den Gästen einen „Prozess“ nach dem Meeting anzubieten, um mit Euch in Kontakt zu treten. Ist ein Ansprechpartner genannt? Ist eine E-Mail-Adresse vorhanden (welche die Gäste auch nach dem Meeting noch präsent haben?)? Gibt es eine Webseite auf der man sich in einen Newsletter eintragen kann oder eine Facebook-Seite zum Folgen?
  • Wann immer möglich solltet Ihr die Chance nutzen, einen Feedback-Fragebogen anzubieten, um Rückmeldungen zum Event zu erhalten. Einige Konferenz-Tools besitzen das Feature, dass die Gäste automatisch am Ende des Meetings gebeten werden, die Fragen zu beantworten. Dies ist die beste Option, denn erfahrungsgemäß antwortet nur ein kleiner Bruchteil, wenn Ihr im Nachgang eine Mail mit dem Online-Fragebogen versendet. Außerdem bekommt Ihr hier auch eine einfache Möglichkeit geboten, den Gast zu fragen, ob er der Speicherung seiner Daten für Zusendung von zukünftigen E-Mails zustimmt (oder eben auch nicht).
  • Damit die Events nicht so plötzlich enden – was sich manchmal wie ein „Rauswurf“ anfühlen kann – ist es u. U. eine gute Idee nach dem Event noch eine ruhige Runde zum „Ausklang“ anzubieten, aus der sich jeder jederzeit ausklinken kann. Als Menschen tut es uns gut, am Ende noch einmal den richtigen „Abgang“ innerlich zu finden und die Veranstaltung mit einem guten Gefühl zu verlassen – ein paar Worte „Off-Topic“ auszutauschen. Wir haben dies bei einigen Veranstaltungen in Form von „Virtuellen Kaminfeuer-Gespräche“ angeboten und noch ein YouTube-Video mit Kaminfeuer-Aufnahmen am Bildschirm freigegeben und so kam sogar etwas Atmosphäre auf.

Backup-Konzept

Gerade wenn viele Gäste aufwändig für eine Online-Veranstaltung eingeladen wurden und zusätzlich ein Referent viele hundert Kilometer anreist, ist es sehr ärgerlich, wenn aus technischen Gründen das Ganze abgebrochen werden muss. Wenn viel Technik im Einsatz ist, empfiehlt es sich, im vornherein immer ein paar „Backup“- oder „Notfall“-Szenarien vorher durchzuspielen und Vorbereitungen für den Fall der Fälle zu treffen. Ich gebe Euch hier mal ein paar Backup-Szenarien, die ich in diesem speziellen Fall vorbereitet habe:

Was passiert, wenn das LAN, d.h. das Internet, nicht funktioniert?

Ich koppele mein Handy mit LTE über Bluetooth an meinen Laptop. Man kann z.B. für diesen Tag eine All-Day-LTE-Flat-Rate bei meinem Mobilfunk-Anbieter buchen, damit man hier nicht auf Probleme stößt.

Was passiert, wenn mein Laptop aus irgendeinem Grund abstürzt und nicht mehr funktioniert?

Ich schalte die Kamera und Mikro des Moderatoren-Laptops ein und lasse die Gäste über diesen Laptop die Veranstaltung weiterführen.

Was passiert, wenn es Probleme mit dem Ton gibt? (Hinweis: Ton ist das mit Abstand wichtigste Element einer Veranstaltung)

  1. Ich verwende das kabelgebundene Mikrofon
  2. Wenn das nicht hilft: Ich verwende das Rode VideoMic, welches an eine der GoPros montiert und verbunden ist.
  3. Wenn das nicht hilft: Ich verwende das Mikrofon des Moderatoren-Laptops

Was passiert, wenn die Kameras am Videomischpult ausfallen?

  • Ich verwende die Kamera des Moderatoren-Laptops (mit dem ich in das Meeting eingewählt bin)
  • Ich wähle mich mit meinen Smartphone in das Meeting und verwende die Smartphone-Kamera

Was passiert, wenn die Konferenz-Software ausfällt?

  • Ich habe einen weiteren Kanal, mit dem ich die TeilnehmerInnen erreiche (z.B. E-Mail)
  • Ich kann ein Meeting mit Microsoft Teams alternativ schnell aufsetzen.
  • Ich kann ein Meeting mit Jitsi alternativ aufsetzen

Vereinfachung des Setups

Das hier dargestellte Setup setzt – ehrlich gesagt – schon eine ganze Reihe von Kenntnissen und auch das Vorhandensein der nicht ganz billigen Technik voraus. Es lassen sich trotzdem eine ganze Reihe von Vereinfachen vornehmen, die der Gesamt-Qualität nicht sehr viel schaden:

Vereinfachungen des Tons:

  • Kein Einsatz eines Mischers
  • Das Mikrofon des Moderatoren-Laptops wird verwendet und über die Konferenzsoftware eingebunden
  • Ein Standmikrofon wird auf den Tisch gestellt (z. B. Rode-Mikrofone für YouTuber)
  • Ein Mikrofon wird an eine GoPro-Kamera angeschlossen und dieses Signal übertragen

Vereinfachungen des Bildes:

  • Die Kamera des Moderatoren Laptops wird verwendet
  • Eine einfache Webcam oder Streamcam/Videocam wird als Stand-Kamera verwendet
  • Eine Handy-Kamera wird verwendet (z. B. mit Apps wie CameraVision für iPhone). Problem hier: Stromversorgung des Handys!

Test des Setups

Es klingt sehr banal, aber trotzdem wird es häufig nicht gemacht: Testet Euer Setup in einem „Real-Life“-Szenario z. B. eine Woche vorher!

  • Setzt eine Online-Konferenz auf und ladet dazu auch viele Personen ein, die mit Euch das „Look & Feel“ als Teilnehmer testen.
  • Setzt zwei Personen in das Studio und lasst sie interagieren und gemeinsam (!) sprechen. Die Mikros nacheinander allein zu testen spiegelt nicht wider, wie es in Echt über die Bühne geht.
  • Prüft die Kamera-Einstellungen und die Beleuchtung, ob die Personen gut „rüberkommen“ und von den Online-Zuschauern gut zu erkennen sind.
  • Testet, wie ihr mit den Studio-Gästen aus dem Backend interagiert, ohne die Übertragung zu sehr zu stören
  • Testet die Einstellung in der Konferenzsoftware
    • Klappt das Chatten und ist es freigeschaltet?
    • Weiß jeder, wie der Bildschirm geteilt wird?
    • Wie werden die Referenten in den Fokus gerückt („Spotlight“-Video)?
    • Wie werden alle TeilnehmerInnen stumm geschaltet?
    • Wie werden die Breakoutrooms konfiguriert und wie kann ich Personen helfen, die wieder in Räume eintreten müssen, wenn sie diese aus Versehen oder wegen technischer Probleme neu betreten müssen?
    • Wie kommuniziere ich über Breakoutrooms hinweg mit den Leuten?
  • Rückkoppelungen können ein großes Problem sein, wenn Ihr Euch mehrfach in das Meeting mit verschiedenen Geräten einwählt. Achtet darauf, dass nur die richtigen Geräte das Mikro und Lautsprecher anhaben. Es kann u. U. vorteilhaft sein, wenn das „Backend“ nicht im gleichen Raum ist (wenn räumlich machbar).

Fazit und Reflektion

Im Anschluss an diese geschilderte hybride Veranstaltung haben wir uns als Team zusammengesetzt und das Ergebnis gemeinsam reflektiert. Außerdem haben wir unsere Gäste um das Ausfüllen eines Online-Fragebogens gebeten (Fragen, siehe unten), wodurch wir ein gewisses Stimmungsbild erhalten haben. Aus dem Ganzen hier ein paar Gedanken:

  • Durchgehend kam das Feedback, dass die Veranstaltung trotz der Dauer von knapp zwei Stunden nicht langweilig war. Der Mix und die Abwechslung der verschiedenen Elemente hatten offensichtlich ihr gewünschtes Ziel erreicht.
  • Die Kleingruppen (Breakouts) haben sich wieder als ein Highlight herauskristallisiert, welches von den Meisten sehr positiv bewertet wurde. Die Zeit (20 Minuten) verlief in den Kleingruppen „viel zu schnell“. Obwohl sich die TeilnehmerInnen in den Kleingruppen noch nicht gut kannten, kamen gute Gespräche zustande und das Interesse sich auch einmal persönlich zu sehen, war schon bald ausgesprochen worden.
  • Trotzdem: Die Kleingruppenarbeit ist nicht jedermanns Sache: Wir haben von zwei Gästen die Anfrage erhalten, ob diese online teilnehmen können, aber sie wollten während der Kleingruppen nicht einer Gruppe zugewiesen werden. Eventuell macht es doch Sinn, die Veranstaltung noch parallel z. B. auf YouTube zu streamen, um auch den Gästen ein Angebot zu bieten, die nur „anonym“ mithören möchten ohne Interaktion.
  • Obwohl es während der Tests und der Tonprobe vor der Veranstaltung keinerlei Schwierigkeiten mit dem Ton gab, hat das Tonsignal des Referenten plötzlich am Anfang ziemliche Aussetzer gehabt. Glücklicherweise war im „Backup“-Plan das kabelgebundene Mikrofon eingeplant und so konnte sehr schnell dieses Problem gelöst werden.
  • Die Kamera-Perspektive beim Interview-Teil war nicht optimal, da das Gesicht des Referenten immer nur von der Seite zu sehen war. Besser wäre es das nächste Mal, eine Kamera so zu positionieren, dass Sie den Referenten aus Sicht der Moderation zeigt („Schulterblick“), so dass man den Gesichtsausdruck besser wahrnehmen kann und es persönlicher wird.
  • Die Kommunikation zwischen der Technik und den Leuten „vor der Kamera“ war mangelhaft. Beim nächsten Mal werden wir uns mehr Gedanken machen, wie man dem Moderatoren-Team Informationen aus der Technik zukommen lassen kann, ohne dass dies den Zuschauern auffällt.

Ich hoffe, dass Euch die beispielhaften Erfahrungen aus diesem Projekt ein paar Ideen und Tipps für die Umsetzung Eurer eigenen hybriden Veranstaltungen bieten. Lasst Euch nicht davon abhalten, in kleinen Schritten selbst Erfahrungen zu sammeln und etwas auszuprobieren. Es muss nicht immer perfekt sein, im Gegenteil! „Things that are perfect, are boring.“ hat dazu einmal der bekannte christliche US-Sänger Rich Mullins sinngemäß gesagt – und da steckt viel Wahrheit drinnen!

Anhang 1: Die Technik-Liste

Anbei ein Überblick über die für diese Produktion eingesetzten Komponenten. Natürlich gibt es für jede der Komponenten auch zahlreiche Alternativen! Die Technik-Liste ist weder Werbung noch eine ausdrückliche Empfehlung für die einzelnen Komponenten. Ihr bekommt aber einen Überblick und auch ein Gefühl für die Kosten so eines Setups.

Anhang 2: Feedback-Fragenbogen

Anbei ein Ausschnitt aus dem Feedback-Fragenbogen, erstellt mit Microsoft Forms.